Ortsverein Schöppingen

Auf einen Blick März 2023
Migrationspolitik

Aktuelle Lage

⋅ Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Europa die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Wir haben dank der überwältigenden Solidarität in unserer Gesellschaft im vergangenen Jahr mehr als einer Million Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland Schutz geboten – vor allem Frauen und Kindern. So konnten wir viele Leben retten. ⋅ Doch die humanitäre Verantwortung Deutschlands umfasst auch die Menschen, die sich aus anderen Teilen der Welt auf die Flucht vor Krieg und Terror begeben. Das spiegelt sich wider in der gestiegenen Zahl von Asylanträgen: 2022 wurden 244.132 Anträge auf Asyl gestellt, die große Mehrheit der Geflüchteten stammt mit 8 von 10 der 2022 in Deutschland aufgenommenen Menschen dennoch aus der Ukraine. ⋅ Die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten ist ein gemeinsamer Kraftakt, der Bund, Länder und Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Alle Ebenen handeln dabei eng abgestimmt und stehen Seite an Seite.

Behauptung:
„Wir erleben gerade ein zweites 2015 – und dieselben Fehler werden nochmal gemacht.“

Richtig ist:

In den Jahren 2015 und 2016 kamen viele Asylsuchende über die Balkanroute nach Deutschland, insbesondere aus dem Bürgerkriegsland Syrien: 2015 waren es 476.649, 2016 wurde mit 745.545 Asylanträgen ein Höhepunkt erreicht. Im Jahr 2022 kamen dagegen 8 von 10 Geflüchteten aus der Ukraine und suchten bei uns Schutz vor Putins verbrecherischem Angriffskrieg. Es sind überwiegend Frauen und Kinder, deren Familien auseinandergerissen wurden. Die Solidarität der EU-Mitgliedstaaten hat hier zum ersten Mal gemeinsames Handeln ermöglicht: Anders als 2015/16 gibt es eine Übereinkunft der EU-Staaten, den Geflüchteten aus der Ukraine unmittelbaren vorübergehenden Schutz zu gewähren. Sie haben Zugang zum Arbeitsmarkt und müssen kein Asylverfahren durchlaufen. In Deutschland hat sich auch bei Asylverfahren seit 2015 viel getan: Unsere Behörden sind deutlich besser aufgestellt, um die Situation zu bewältigen. Die Verfahren sind schneller geworden. In den Ländern und Kommunen gibt es heute viel Erfahrung mit der Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten. Der Zugang zu Integrationskursen wurde massiv vereinfacht und beschleunigt. Die aktuelle Situation ist also mit der Situation in den Jahren 2015 und 2016 nicht vergleichbar.

Behauptung:
„Die Ankunft und Aufnahme von Geflüchteten ist schlecht organisiert. Die Behörden haben die Lage nicht im Griff.“


Richtig ist:

Der Bund steuert und ordnet das Ankunftsgeschehen. Ankommende werden registriert, ihre Identität wird überprüft und alle Asylsuchenden bei der Antragstellung erkennungsdienstlich behandelt. Im vergangenen Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zahl der Entscheidungen über Asylanträge um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Für die Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten sind die Länder zuständig. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt die Erstverteilung der Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel sicher. Ziel ist eine angemessene und gerechte Verteilung. Nicht der Bund verteilt die Geflüchteten aus den Landesaufnahmeeinrichtungen auf die Kommunen, sondern das jeweilige Bundesland. Mit dem Migrations-Dashboard informiert der Bund Länder und Kommunen verlässlich über die Zahl der ankommenden Flüchtlinge und ermöglicht ihnen eine vorausschauende Planung bei ihrer Unterbringung. Die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen arbeiten bei der Ankunft und Aufnahme von Geflüchteten gut und effektiv zusammen.

Behauptung:
„Die vom Bund zugesagten 2,75 Milliarden Euro zur Unterstützung von Ländern und Kommunen für 2023 reichen nicht aus. Der Bund lässt die Kommunen im Stich.“


Richtig ist:

Der Bund trägt bereits das Gros der Kosten für Geflüchtete. Länder und Kommunen sind zuständig für Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Aber die Kosten für Geflüchtete aus der Ukraine übernimmt der Bund fast vollständig, da sie Leistungen der Grundsicherung erhalten können. Gleichzeitig wird ihnen eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Das entlastet Länder und Kommunen von Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zusätzlich unterstützt der Bund Länder und Kommunen noch finanziell, 2022 mit 4,4 Milliarden Euro, 2023 mit weiteren 2,75 Milliarden. Über die finanzielle Unterstützung der Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben entscheiden die Länder. Der Bund darf die Kommunen nicht direkt unterstützen. Er muss sich darauf verlassen, dass die Länder diese Mittel an die Kommunen weiterleiten. Darüber hinaus überlässt der Bund den Ländern und Kommunen Bundesliegenschaften mietzinsfrei, aktuell insgesamt 333 Liegenschaften mit fast 69.000 Unterbringungsplätzen. Er hat die Länder und Kommunen außerdem auf dem Wege der Amtshilfe unterstützt – zum Beispiel mit THW, Bundeswehr und Bundespolizei. Der Bund nimmt seine gesamtgesellschaftliche Verantwortung also umfassend wahr.

Behauptung:
„Deutschland ist bei Asylanträgen Zielland Nummer eins in der EU. Der Bund unternimmt nichts, um Asylmigration zu begrenzen. Die Belastungsgrenze in Deutschland ist erreicht. Deutschland braucht eine Migrationsbremse.“


Richtig ist:

Die Asylmigration bewegt sich auf einem stabilen Niveau wie in den Vorjahren: 2017 wurden 222.683 Asylanträge gestellt, in den Folgejahren sanken die Zahlen leicht, 2022 waren es dann 244.132 Anträge. Die Ursache der aktuellen Belastung ist daher eine absolute Ausnahmesituation: Putins Angriff auf die Ukraine hat die größte Fluchtbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Ukrainische Geflüchtete durchlaufen aber kein Asylverfahren und werden schnell in den Arbeitsmarkt integriert. Über eine Million Menschen in so kurzer Zeit aufzunehmen, ist ein Kraftakt. Nur, wenn alle Ebenen an einem Strang ziehen, kann diese Herausforderung gemeistert werden. Die Bundesregierung setzt sich deshalb auf EU-Ebene für eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten ein. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl haben kleinere Länder wie Polen oder Österreich viel mehr Geflüchtete aufgenommen als Deutschland. Für flüchtende Frauen und Kinder aus der Ukraine kann es keine Obergrenze geben – wer das fordert, dem fehlt jedes Mitgefühl. Eine „Migrationsbremse“ würde gegen das Grundgesetz verstoßen, das in Artikel 16a ein Grundrecht auf Asyl gewährt.

Behauptung:
„Es gibt keine Steuerung der irregulären Migration: Trotz geringer Anerkennungschancen von Menschen aus bestimmten Herkunftsländern kommen viele dennoch nach Deutschland.“


Richtig ist:

Grundsätzlich hängt der Ausgang eines Asylverfahrens von individuellen Umständen ab und nicht vom Herkunftsland. Der Bund hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Migration stärker zu steuern und zu ordnen: Die vorübergehenden Grenzkontrollen zu Österreich wurden verlängert und die Schleierfahndung an der Grenze zu Tschechien wurde intensiviert. Mit der Schweiz wurde ein Aktionsplan vereinbart, der gemeinsame Kontrollen in Schweizer Zügen und an der Grenze vorsieht. Außerdem hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass Serbien seine Visa-Praxis ändert und in den letzten Jahren verstärkt in den Schutz von EU-Außengrenzen und in die Bekämpfung von Fluchtursachen investiert. All das zeigt bereits Wirkung: In den letzten Monaten sind die von der Bundespolizei festgestellten unerlaubten Einreisen kontinuierlich gesunken.

Behauptung:
„Die angekündigte Rückführungsoffensive ist ausgeblieben. Stattdessen gilt weiter ein Abschiebestopp für etliche Staaten wie Syrien und Afghanistan, selbst für Straftäter.“

Richtig ist:

Die Bundesregierung hat viel für die konsequentere Rückführung von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen getan. Erste gesetzgeberische Maßnahmen dafür sind bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten: die Dauer der Abschiebungshaft wurde von drei auf sechs Monate verlängert und die Abschiebung von Straftätern erleichtert. Weitere Maßnahmen sollen folgen. Bei der Rückführung von Straftätern und Gefährdern arbeiten Bund und Länder in festen Institutionen wie dem Gemeinsamen Terrorismus- und Abwehrzentrum und dem gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr in bewährter Weise zusammen. Für den Vollzug des Aufenthaltsrechts und damit für die Durchführung von Abschiebungen sind die Länder zuständig. Von der Bundespolizei haben sie dafür jede Unterstützung. Im Jahr 2022 wurden 12.945 Personen abgeschoben. 5.149 wurden unmittelbar nach dem Grenzübertritt zurückgeschoben. Insgesamt gab es damit 18.094 Rückführungen. Seit der Machtübernahme der Taliban kann der Bund die Länder bei Rückführungen nach Afghanistan nicht unterstützen, da grundlegende dafür notwendige Verfahren nicht gewährleistet werden können, zum Beispiel die Ausstellung von Pässen oder Passersatzdokumenten durch das Herkunftsland. Auch der Schutz von Begleitkräften und Flugzeugbesatzungen kann derzeit nicht sichergestellt werden. Voraussetzung für die Möglichkeit einer Abschiebung ist ein Herkunftsstaat als Verhandlungspartner, dem die zurückgeführten Personen übergeben werden können. Mit Joachim Stamp hat die Bundesregierung einen erfahrenen Sonderbevollmächtigten für die Verhandlung von Migrationsabkommen berufen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Rückführungsoffensive enthält gesetzgeberische und operative Elemente ebenso wie eine Förderung der freiwilligen Rückkehr.

Behauptung:
„Das BMI lehnt den Vorschlag der EU-Innenminister ab, Visa als Druckmittel bei Herkunftsländern einzusetzen, um mehr Abschiebungen zu ermöglichen.“

Richtig ist:

Der Visahebel ist in Art. 25 a des EU-Visakodex geregelt und damit geltende Rechtslage. Entsprechende Maßnahmen können auf Vorschlag der EU-Kommission und auf Grundlage eines Beschlusses des Rates gegen unkooperative Drittstaaten eingesetzt werden. Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 9. Februar 2023 bekräftigt, dass eine effektive Rückkehrpolitik den Einsatz aller einschlägigen Strategien, Instrumente und Werkzeuge der EU erfordert. Insofern wird am Visahebel als grundsätzlich notwendigem und geeignetem Instrument zur Verbesserung der Rückkehrkooperation von Drittstaaten festgehalten.

Behauptung:
„Die Geflüchteten aus der Ukraine drängen auf den ohnehin angespannten Wohnungs-markt und sorgen dafür, dass die Mieten noch weiter steigen.“

Richtig ist:

Die ukrainischen Geflüchteten suchen hier Schutz, weil ihr Heimatland von Putin angegriffen wurde. Bund, Länder und Kommunen arbeiten eng zusammen, um für sie Unterkünfte zu finden – von Zwischennutzungen über die mietzinsfreie Überlassung von Bundesimmobilien und dem Bau neuer Unterkünfte bis hin zur privaten Unterbringung. Wohnungsmangel und Preissteigerungen sind schon seit mehreren Jahren ein Problem, lange vor Kriegsbeginn. Es ist unverantwortlich, diese Debatte jetzt auf dem Rücken der Geflüchteten auszutragen.

Behauptung:
„Die Bundesregierung setzt mit schnellen Einbürgerungen und dem Chancen-aufenthaltsgesetz falsche Anreize für irreguläre Migration.“

Richtig ist:

Das Chancen-Aufenthaltsrecht richtet sich an Menschen, die schon seit Jahren hier leben und arbeiten. Es ermöglicht Menschen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, die Legalisierung ihres Aufenthalts, wenn sie ihre Identität zweifelsfrei klären und ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern können. Die Bundesregierung beendet damit die belastende Praxis der Kettenduldungen und entlastet sowohl die Menschen als auch die Behörden. Das Chancen-Aufenthaltsrecht greift nur unter engen Bedingungen und nach mehrjährigem legalen Aufenthalt zum Stichtag am 31. Oktober 2022. Wer hier Anreize für Migration vermutet, hat das Gesetz nicht gelesen. Das Chancen-Aufenthaltsrecht schafft vor allem Anreize für schnelle Integration.

Behauptung:
„Alle freiwilligen Aufnahmeprogramme sollten ausgesetzt werden, weil dadurch noch mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen.“

Richtig ist:

Freiwillige Aufnahme- oder Umverteilungsprogramme sind ein bedeutsames Instrument der Solidarität mit stark belasteten Erstzufluchtsstaaten zur Bewältigung humanitärer Krisen. Die Umsetzung des freiwilligen Solidaritätsmechanismus ist daher wichtig für das Verhältnis zu den europäischen Außengrenzstaaten. Er ist zudem einer von mehreren Reformschritten für ein faires, funktionsfähiges und krisenfestes Gemeinsames Europäisches Asylsystem. Eine Aussetzung würde diese Reform gefährden und auch langfristig negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit innerhalb der EU haben. Legale Zugangswege für besonders schutzbedürftige Menschen sind ein zentrales Element einer der Humanität verpflichteten Zuwanderungspolitik. Unserer humanitären Verantwortung müssen wir auch weiterhin gerecht werden.